Binder Jetting ist eines der bekanntesten und vielseitigsten 3D-Druckverfahren. Es basiert auf der selektiven Verbindung von Pulvern mit einem flüssigen Binder und ermöglicht die Herstellung komplexer Bauteile aus einer Vielzahl von Materialien wie Metallen, Keramiken und Sand. Mit seiner Effizienz und Materialflexibilität findet das Verfahren breite Anwendung in der Industrie und Wissenschaft.
Inhalt:
Was ist Binder Jetting?
Binder Jetting ist ein additives Fertigungsverfahren, das auf der selektiven Bindung von pulverförmigem Material beruht. Es unterscheidet sich grundlegend von anderen Verfahren durch den Einsatz eines flüssigen Binders, der die Partikel eines Pulverbetts miteinander verbindet, um die gewünschte Bauteilgeometrie Schicht für Schicht zu formen. Das Verfahren kommt ohne die direkte Anwendung hoher Temperaturen während des Druckprozesses aus, was es besonders energieeffizient macht und thermische Spannungen im Bauteil minimiert.
Nach dem Druck entsteht ein sogenanntes „grünes Bauteil“, das noch nicht vollständig fest ist. In einer Nachbearbeitungsphase wird das Bauteil entweder gesintert, infiltriert oder chemisch gehärtet, um die mechanischen Eigenschaften zu optimieren.
Der Prozessablauf im Detail
- Materialauftrag:
Eine dünne Schicht Pulver (z. B. Metall, Keramik oder Sand) wird gleichmäßig auf die Bauplattform verteilt. Dafür wird eine Rakel oder Walze verwendet, um eine präzise Schichtdicke zu gewährleisten. - Binderauftrag:
Ein Druckkopf trägt den flüssigen Binder selektiv auf die Pulveroberfläche auf, um die Partikel in den gewünschten Bereichen zu verkleben. Der Druckkopf arbeitet ähnlich wie bei einem Tintenstrahldrucker, jedoch mit einer hohen Präzision, um komplexe Geometrien zu erzeugen. - Schichtaufbau:
Nach jeder abgeschlossenen Schicht senkt sich die Bauplattform um die Höhe einer Schicht ab, und eine neue Pulverschicht wird aufgetragen. Der Prozess wird so lange wiederholt, bis das gesamte Bauteil fertiggestellt ist. - Nachbearbeitung:
Das gedruckte „grüne Bauteil“ wird entpulvert und je nach Material weiterverarbeitet. Metallteile werden typischerweise gesintert oder mit einem zweiten Material infiltriert (z. B. Bronze), während Sandformen direkt verwendet oder chemisch gehärtet werden können.
Materialvielfalt und Anpassungsmöglichkeiten
Ein entscheidender Vorteil des Binder Jetting ist die hohe Materialflexibilität. Es können Metalle, Keramiken, Kunststoffe und sogar Sand verarbeitet werden. Besonders hervorzuheben ist, dass durch die Anpassung der Binderzusammensetzung und Nachbearbeitungsmethoden spezifische Eigenschaften wie Porosität, Festigkeit oder Farbe realisiert werden können.
Metallbauteile bieten eine hohe mechanische Festigkeit nach der Nachbearbeitung, während Sandbauteile beispielsweise als Formen im Gussverfahren eingesetzt werden. Für farbige Modelle kann das Binder Jetting in Verbindung mit Gips und Farbbindern verwendet werden.
Abgrenzung zu anderen 3D-Druckverfahren
Binder Jetting unterscheidet sich signifikant von anderen additiven Verfahren:
- Pulverbettfusion (Powder Bed Fusion): Anders als bei der Pulverbettfusion, wo Laser oder Elektronenstrahlen das Pulver schmelzen, arbeitet Binder Jetting bei Raumtemperatur. Dies reduziert die Energieanforderungen und eliminiert Spannungen durch thermische Belastung.
- Material Jetting: Material Jetting nutzt flüssige Photopolymere, die durch UV-Licht gehärtet werden. Im Gegensatz dazu ist Binder Jetting für feste Materialien wie Metalle oder Sand ausgelegt.
- Binder Jetting vs. Materialextrusion: Während die Materialextrusion typischerweise Filamente verwendet, arbeitet Binder Jetting direkt mit Pulver, was eine feinere Detailauflösung und komplexere Geometrien ermöglicht.
Vorteile des Binder Jetting
- Hohe Effizienz: Da keine Wärmequelle wie ein Laser benötigt wird, ist der Energieverbrauch niedrig, und der Prozess kann schnell durchgeführt werden.
- Materialflexibilität: Metalle, Keramiken, Sand und Kunststoffe sind verarbeitbar.
- Skalierbarkeit: Binder Jetting eignet sich sowohl für Einzelstücke als auch für die Serienfertigung.
- Komplexität: Freiformgeometrien und komplexe interne Strukturen wie Gitter oder Kanäle sind leicht realisierbar.
Typische Einsatzgebiete
Das Verfahren ist in verschiedenen Branchen beliebt:
- Automobilindustrie: Herstellung von Prototypen, Werkzeugen und funktionalen Bauteilen.
- Medizintechnik: Produktion von Implantaten und chirurgischen Instrumenten.
- Gießereiindustrie: Sandformen und -kerne für den Metallguss.
- Architektur und Design: Herstellung von Modellen und farbigen Prototypen.