Erst vor wenigen Wochen berichteten wir darüber, dass MIT-Forscher die Operationsvorbereitung mit einem 3D-gedruckten Roboterherz verbessern konnten. Im Februar 2022 präsentierten Ärzte am Seattle Children’s Hospital ihre Operationsvorbereitung mit 3D-gedruckten Kinderherzmodellen. Neurochirurgen üben bevorstehende Eingriffe ebenso mit 3D-gedruckten Modellen des zu behandelnden Bereiches. Diese sind jedoch häufig nicht so präzise und ahmen echte Blutgefäße nicht gut nach. Das taktile Feedback ist nicht realistisch und es fehlen oft wichtige Details, die entscheidend sein können. Forscher der University of Florida entwickelten daher eine eingebettete 3D-gedruckte Lösung, die sie im Magazin „The Conversation“ vorgestellt haben. Sie veröffentlichten ihre Entwicklung außerdem im Fachjournal Science in einem Artikel mit dem Titel „A silicone-based support material eliminates interfacial instabilities in 3D silicone printing„.
3D-Druck mit Silikon
Bei ihrer Methode wird die Tinte in einem Bad aus einem zweiten Trägermaterial abgeschieden. Das ist so gestaltet, dass es um die Druckdüse herum fließt und die Tinte an der Stelle einfängt, unmittelbar nachdem sich die Düse wegbewegt hat. Indem sie diese im dreidimensionalen Raum gefangen halten, bis die Zeit gekommen ist, die gedruckte Struktur zu verfestigen, können komplexe Formen aus Flüssigkeiten entstehen. Bei der Strukturierung von Hydrogelen, Mikropartikeln, lebenden Zellen und anderen weichen Materialien hat sich eingebetteter 3D-Druck bewährt.
Mit Silikon zu drucken ist laut den Forschern nach wie vor eine Herausforderung. Im Gegensatz zu anderen wasserbasierten Trägermaterialien ist Flüssigsilikon ein Öl. Aufgrund der hohen Grenzflächenspannung von Öl und Wasser nehmen Öltröpfchen in Wasser kreisförmige Formen. Das führt auch dazu, dass sich 3D-gedruckte Silikonstrukturen selbst in einem Trägermedium verformen. Die Grenzflächenkräfte führen dazu, dass Silikonelemente mit kleinem Durchmesser beim Drucken in Tröpfchen zerfallen. Viele Forscher versuchten Silikonmaterialien so zu modifizieren, dass sie ohne Stützmaterial gedruckt werden können. Das führte jedoch dazu, dass das auch die Eigenschaften des Silikons veränderte, die für den Einsatz bei der OP-Vorbereitung wichtig gewesen wären, wie Weichheit und Dehnbarkeit.
Additive Fertigung bei ultraniedriger Grenzflächenspannung
Die Forscher der University of Florida entwickelten daher ein Trägermaterial aus einer dichten Emulsion aus Silikonöl und Wasser. Sie erklärten ihre Wahl damit, dass die meisten Silikontinten dem Silikon-Trägermaterial chemisch ähnlich sind und sich die Grenzflächenspannung so drastisch reduziert. Die Unterschiede wären jedoch noch groß genug, um getrennt zu bleiben, wenn sie für den 3D-Druck zusammengesetzt werden. Die entwickelte Emulsion ist vergleichbar mit kristallklarer Mayonnaise, die aus gepackten Wassertröpfchen in einem Kontinuum aus Silikonöl hergestellt wird. Die Forscher nennen diese Methode „additive Fertigung bei ultraniedriger Grenzflächenspannung“ oder „AMULIT“.
Mit einem AMULIT-Trägermedium ist es möglich, handelsübliches Silikon mit hoher Auflösung zu drucken und Strukturen mit einem Durchmesser von nur 8 Mikrometern zu erzeugen. Die dabei entstehenden Strukturen sind gleich dehnbar und langlebig wie traditionell geformte Stücke. Die Forscher konnten so genaue Modelle der Gehirnblutgefäße eines Patienten auf der Grundlage eines 3D-Scans sowie ein funktionierendes Herzklappenmodell auf der Grundlage der durchschnittlichen menschlichen Anatomie in 3D drucken.